Franz Liszt – Préludes et Harmonies poétiques et religieuses
Roman Kosyakov, Piano
Franz Liszt Complete Piano Music Volume 56
Naxos 8.574148 | www.naxos.com
Die erste CD des jungen Russen Roman Kosyakov enthält Werke aus Liszts 1840er Jahren, in deren Zentrum die aus dem in Weimar aufbewahrten »Tasso-Skizzenbuch« stammenden Préludes et Harmonies poétiques et religieuses (S171d) stehen. 1845-46 während Liszts ausgedehnten Konzertreisen entstanden, haben sie später und nach zahlreichen Transformationen ihren Weg in die Sammlungen der (Préludes et) Harmonies poétiques religieuses gefunden, in denen auch das Prière d' un enfant à son réveil (S171c, 1840, hier in der ersten Fassung vorgestellt) und das titelgebende Stück Harmonies poetiques et religieuses (S154, 1833-34) wieder erscheinen. Die CD enthält weiterhin eine technisch vereinfachte Fassung der 2. Franziskus-Legende (1863) sowie eine Reihe von Skizzen und Albumblättern, deren Charakter und programmatische Titel ein Licht auf Liszts kompositorische Praxis jenes Jahrzehnts werfen.
Kosyakov, ausgebildet u. a. am Moskauer Tschaikowsky-Konservatorium und am Royal Birmingham Conservatoire, vermag vor allem den poetischen Charakter der Werke wunderbar herauszuarbeiten, die teils ja einen deutlichen Kontrast zu den Konzertprogrammen Liszts in jener Zeit darstellen. Insofern mag man sie auch als Zeugnisse eines kompositorischen Reifeprozesses betrachten, in dem Liszts Engführung von Musik und Literatur (hier vor allem: Lamartine), aber auch seine spezifische Religiosität ihren Ausdruck suchen.
Gerade letztere vermittelt sich in Kosyakovs Interpretation nicht durchweg, die jedoch durch Luzidität, Leichtigkeit und gelegentlichem ›romantischem‹ Perlen und Glitzern, dann wieder aber auch mit stiller Einkehr und großer Ruhe zu überzeugen weiß. Kosyakov forciert nie und kann sich auf das Ausleuchten der teils nicht einfach zugänglichen Werke konzentrieren (z. B. Nr. 4 Des-Dur). Schwierig für jeden, dem Liszts Tonsprache nicht völlig vertraut ist, mögen auch die teils nur wenige Takte umfassenden Albumblätter darzustellen sein. Auch in der Charakterisierung dieser Fragmente beweist sich sich Kosyakovs Musikalität, den man als Liszt-Interpreten daher auch künftig gern wieder hören möchte.
MS
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