EIn ganz besonderer Trakt im Seitengebäude der »Altenburg«

Die Weimarer »Altenburg«, das vielberühmte Domizil des großen Musikers Franz Liszt zwischen 1848 und 1861, bietet für jeden kulturhistorisch interessierten Menschen, woher er auch kommen mag, einen überaus bedauernswerten, einen jämmerlichen Anblick. Tiefe Risse durchziehen den Nordwestteil, eine große Hausecke ist abgeplatzt. Innen gehen Fenster und Türen nicht mehr zu öffnen oder zu schließen. Das Haus, nur in der Mitte unterkellert, sackt an den Seiten seit 2008 jedes Jahr mehrere Millimeter ab. Es muss durch Bohrpfahlgründungen stabilisiert werden. Was mehrere Millionen Euro kostet. Förderanträge dafür bei Land und Bund waren nicht erfolgreich. Der Eigentümer, die Weimarer Wohnstätte GmbH, verantwortet soziales Wohnen in der Stadt, auch die bauliche Lage der Schulen. Weil die »Altenburg« nach dem II. Weltkrieg als Wohngebäude, massiv untergliedert, vermietet – und verwohnt – wurde, hat sie nun die Verantwortung für das Schicksal einer Stadtvilla von der Bedeutung des Goethe-Hauses. Sie ist damit weit überfordert. Viel getan hat sie bereits. In den 1990er Jahren wurde das Haus denkmalgerecht saniert. Das war auch schon teuer. Was aber weiter tun?

Um ein Zeichen zu setzen, weihte die Weimarer Wohnstätte am 15. Mai dieses Jahres den ganz besonderen Trakt im Seitengebäude des Ensembles als »Refugium Liszt«. Nike Wagner war gekommen, um die Ehrenwürde einer Schirmherrin darüber zu übernehmen. Und sie war beeindruckt, ja begeistert von dem, was sie sah. Vieles fehlte noch, aber die Umrisse zeichneten sich klar ab. Das Blaue Zimmer in dem blaugrauen Ton, der wohl dem Original um 1850 entspricht. Der Boisselot-Flügel von 1844, der damals das nicht gerade große – bürgerliche – Zimmer beherrschte, nun in einer lebensgroßen Fotografie (des Nachbaus aus dem Liszt-Jahr 2011). Erst einmal sonst nichts als die Gedanken, dass hier ein Großteil des Lisztschen kompositorischen Œuvres auf Papier gebracht wurde, insbesondere die Orchesterwerke, also Symphonische Dichtungen und Symphonien, dazu die Klavierkonzerte, auch die h–Moll Klaviersonate. Gewaltige Musik in der Nachfolge Beethovens, auch Goethes (»Faust-Symphonie«).

Nebenan das Gebetszimmer, die kleine private Hauskapelle. Erst einmal Fotografien an der Wand, insonderheit des der Weimarer Hochschule gehörenden originalen Reisekruzifixes. Und dann die Liszt-Sammlung des Ehepaars Muck, beide Gründungsmitglieder 1990 der Deutschen Liszt-Gesellschaft, ihr zur Bewahrung in der »Altenburg« übereignet und durch das Engagement von Gabriele M. Fischer und Michael Straeter hierher gelangt. Die Sammlung hat vor allem im dritten Raum des »Refugium Liszt«, dem Bibliotheksraum, ihre neue Heimat gefunden.

Alles  ist ansehnlich gemalert. Die Risse in der an das Hauptgebäude angrenzenden Wand sind nicht übertüncht; sind ebenso authentisch wie die dortigen. Nichts am Refugium ist besonders ›gestelzt‹, alles quasi echt. Und auf »auf Dauer unantastbar« gestellt, »für alle Zukunft«. Wenn doch das Haupthaus endlich rettend angetastet würde…

Wolfram Huschke


 

Präsentation des »Refugium Liszt« durch die Weimarer Wohnstätte GmbH mit der künftigen Schirmherrin Nike Wagner im »Roten Salon« der Weimarer »Altenburg«.

 

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 Das Blaue Zimmer im »Refugium Liszt«, ehemaliger Arbeits- und Kompositionsraum Liszts.

 

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Das Gelbe Zimmer im »Refugium Liszt«, ehemaliger Gebetsraum

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2025 Refugium Liszt - Weimarer Wohnstätte GmbH | Thomas Müller

 

 Die Sammlung Dieter und Helga Muck im »Refugium Liszt«. Erste Teile der Lisztiana werden hier bereits präsentiert

Refugium Liszt - 2025 Weimarer Wohnstätte © Thomas Müller

 

Refugium Liszt - 2025 Weimarer Wohnstätte © Thomas Müller

 

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Alle Fotos: 2025 © Weimarer Wohnstätte | Thomas Müller


 Stand 16. Mai 2025